Beschädigte Firmware gehört zu den schwierigeren Herausforderungen bei der Datenrettung.
Die Firmware ist eine kritische und schwer zugängliche Komponente der Festplatte. Jeder Festplattenhersteller (Seagate, Western-Digital, Toshiba, usw.) hat eine eigene Firmwarestruktur. Diese variiert sogar unter den vielen Modellen. Zudem gibt es keine öffentliche Dokumentation, daher muss das Wissen durch Reverse Engineering und mithilfe von spezieller Hardware sowie High-End-Tools gewonnen werden.
Was ist die Firmware auf einer Festplatte?
Die Firmware ist eine Art spezialisierte Software, die in einem separaten Bereich, der nicht für den Benutzer zugänglich ist, innerhalb der Festplatte gespeichert ist und die interne Hardware steuert.
Die Firmware ist modular aufgebaut – das heißt, sie besteht aus vielen einzelnen Dateien bzw. Modulen. Jedes Modul hat eine bestimmte Aufgabe.
Für ein besseres Verständnis benötigen wir eine detaillierte Beschreibung, da die Firmware bei jedem Hersteller anders aufgebaut ist. Nehmen wir hier als Beispiel eine Festplatte von WD (Western-Digital).
WD-Festplatten verwenden eine modulare Firmwarestruktur, die aufgeteilt ist in:
• ROM (auf der PCB) – enthält initiale Startlogik, grundlegende Konfigurationsdaten
• SA (Service Area) – auf den Platten gespeichert, enthält zahlreiche Module
Die Firmware-Module sind in „Modules“, „Overlays“ und „Zone Tables“ unterteilt.
Beispielweise Darstellung der Firmware Module einer WD-Festplatte
Hinweis: Die genaue Nummerierung variiert je nach Modellfamilie (z. B. “Marvel”, “Shrek”, “Venus”, “Charger” „SpyGlass“).
Modulnummer | Modulname | Funktion |
01 | Module Directory | Verzeichnis aller Firmwaremodule |
02 | SA Loader | Initialer Lader für die SA-Module |
03 | Microcode | Hauptlogik des Firmwarebetriebs |
04 | Overlay Loader | Lädt Erweiterungen des Codes |
0A | SMART Log | Speichert SMART-Daten |
0B | G-List (Growth List) | Liste defekter Sektoren im Betrieb |
0C | P-List (Permanent List) | P-List (Permanent List) |
20 | Translator | Übersetzung physischer zu logischer Sektoren |
47 | HDD ID Info | Seriennummer, Modell usw. |
49 | Zone Table | Aufteilung der Datenzonen |
Adaptive Modules | z. B. 0A, 11, 12, 19 | Spezifisch pro Laufwerk (z. B. Kalibrierung, Head Map) |
Weiter geht’s mit der kurzen Erklärung der Bedeutung der Funktionen einiger der Firmware Module:
- Head-map Modul ist exzentrisch auf das spezifische Laufwerk zugeschnitten – entscheidend für Kopfpositionierung.
• SA Translators Module wandeln physische Sektoren in logische – ohne sie liest die Platte nur rohe Daten.
• SA Adaptives Module speichern essenzielle Kalibrierdaten –variieren sogar bei identischen Modellnummern.
• Verzeichnismodule sorgen für Organisation der Firmwaremodule im ROM.
• Konfigurations- und Overlay-Module enthalten grundlegende Betriebsroutinen.
Was bedeutet defekte Firmware?
Da es viele Module gibt, kann sich ein Defekt der Firmware unterschiedlich äußern, in manchen Fällen läuft die Festplatte noch an, wird auch noch erkannt, zeigt aber keine Partitionen oder gibt nur fehlerhafte Sektoren. Möglich ist auch, dass die Platte mit 0 Byte angezeigt wird. Ist die Firmware im ROM beschädigt, geht nichts mehr. Denn das ROM enthält den allerersten Code, den die Festplatte beim Einschalten ausführt. Es sorgt u. a. dafür, dass
• die grundlegende Hardware erkannt wird (z. B. Heads, Motor, Interface)
• Zugriff auf das SA möglich ist
• das adaptive Verhalten für Temperatur, Head-Mapping, Seek-Tuning geladen wird
Datenrettung
Die Reparatur der Firmwaremodule ist ein hochspezialisierter Vorgang.
Wie sieht die Firmware Reparatur aus?
Der Prozess ist sehr spezialisiert und erfolgt mit professioneller Datenrettungshardware wie z. B. PC-3000, Deepspar oder MRT Lab.
In allgemeinem gehören die folgenden Schritte zu einer Firmware Reparatur dazu:
1. Terminal-Zugriff herstellen (serieller Anschluss auf der Platine)
2. Festplatte in den Diagnosemodus setzen
3. Fehlerhafte Module identifizieren
4. Module auslesen, sichern und ggf. ersetzen
• Module von identischer Spenderfestplatte
• oder aus einem „ROM-Dump“ extrahieren
5. Module neu schreiben oder reparieren
6. Festplatte rebooten und testen
Wichtig: Oft muss die ROM-Firmware auf der PCB mit dem Service Area-Inhalt zusammenpassen – sonst ist keine Funktion möglich
Theoretisch ist es ein systematischer Vorgang, in dem die defekten Module ersetzt oder repariert werden. In der Praxis nehmen diese Arbeiten viele Arbeitsstunden in Anspruch, da es sich hier um einen hochspezialisierten Vorgang handelt, bei dem der Einsatz professioneller Tools und Know-how über spezifische Firmware-Layouts unerlässlich sind.
Besonders kritisch sind die adaptiven Module und das Translator-Modul. Viele Module sind nicht direkt ersetzbar, weil sie auf die mechanischen Eigenschaften des konkreten Laufwerks abgestimmt sind. Die Reparatur erfordert viel Erfahrung über die Funktionsweise und Eigenschaften der unterschiedlichen Firmware. Nicht selten wird eine baugleiche Festplatte benötigt, um die Firmware genau zu studieren und dann die defekten Module neu zu schreiben. Auch hier funktioniert es nicht immer auf Anhieb, sondern es ist eine Trial- Error-Methode und wird so oft angewendet, bis alle defekten Module ersetzt sind. In den meisten Fällen wird die Service Area – SA mit intakten Modulen manuell neu zusammengesetzt.
Ohne eine funktionierende Firmware ist keine Datenwiederherstellung möglich. Ein defektes Translator-Modul führt z.B. dazu, dass obwohl die Festplatte startet, keine Daten mehr gelesen werden können. Erst wenn man das Modul aus einer funktionierenden Spenderplatte übernimmt und anpasst (z. B. Head Map, Adaptives), kann der Zugriff auf die Benutzerdaten wiederhergestellt werden. Ähnlich verhält es sich im Falle einer Beschädigung oder Kurzschlusses an der Platine (PCB). Ein Platinenwechsel (PCB) allein ist nicht ausreichend, um die Funktionalität wiederherzustellen. Da sich ein Teil der Firmware auf dem ROM befindet muss diese erst auf die neue Platine um gelötet werden.
Fazit:
Die Firmware ist notwendig für den Betrieb, sie steuert alles: von der Kalibrierung des Schreib-/Lesekopfs bis zur Fehlerkorrektur und Datenadressierung. Wenn sie beschädigt ist, weiß die Festplatte nicht mehr, wie sie arbeiten soll, denn sie erkennt keine SMART-Werte, keine ID, keine Partitionen. Falsche oder fehlerhafte Eingriffe in die Firmware können die Platte in einen „Busy“-oder „Brick“-Zustand versetzten. Ein unsachgemäßer Versuch der Reparatur kann dazu führen, dass Daten dauerhaft verloren gehen.
Um eine Firmware Reparatur durchzuführen, werden nicht nur spezielle, teure Datenrettungs- Hardware und -Tools benötigt, die sehr komplex in der Bedingung sind.
Eine Reparatur erfordert auch Zeit und tiefgreifendes Wissen über Firmwarestrukturen, Herstellerbesonderheiten und Lese-Schreibprozesse. Umso erfahrener die Ingenieure, desto höher die Chancen auf Erfolg bei einer Datenrettung im Falle von Firmwaredefekten.
Vertrauen Sie auf unsere mittlerweile 35-jährige Erfahrung in dem Bereich Datenrettung defekter Firmware. Wir waren das erste Datenrettungslabor in Europa. Wenn Sie das noch nicht überzeugt, dann rufen Sie uns an und stellen Sie uns Ihre Fragen. Wir sind für sie da!